CAP. 7. 21
ad sollemnia pietatis profectus Agricola nuntio affectati a Vespasiano imperii deprehensus ac statim in partes transgressus est. Initia principatus ac statum urbis Mucianus
den Soldaten des Antonins Primus gesagt, dass sie des Raubes wegen die Hkuser erbrochen und dass dies im Fall des Widerstandes auch zam Mord gefiihrt habe (initium id perfringendarum domnum vel, si resisteretur, causa caedis).
6. affectati a Vesp. imperii. Affectare, eig. ^sich an etwas ma- chen^*, kann dks Ergreifen einer Sache im Geiste, aber auch mit der That bezeichnen; im ersteren Fallc kommt es zu der Bedeutung „nach etwas streben", „etwas be- gehren^S ^^ andern Falie kann es so viel sein wie „anfangen", „wirk- lich und mit der That anfassen", vgl. Nipperdey zu Ann. XIV, 16. Beide Bedeutungen fliessen zwar haufig zusammen, und im Allge- meinen wird man zu sagen haben, dass die erste — wo sich der Un- terschied erkennen lasst — die iiberwiegende sei, indess ist die andere z. B. unverkennbar Verg. Aen, III, 670: Vemm ubi nulla datur dextra affectare potestas. An unserer Stelie ist nur die letztere Bedeutung zullissig, erstens, weil Yespasian nach Hist. II, 74 fl. bis kurz vor dem 1. und 3. Juli, wo er mit der Annahme des Rufes der Legionen thatsachlich nach der Herrschaft griff, in seinem Entschluss schwankte, so dass er sogar die Legionen dem Vitellius den Eid der Treue leisten liess, s. ehend. c. 78: wie h&tte also Agricola die Nachricht bekommen sollen, dass Yespasian nach der Herrschatt strebe? zweitens, weil es an unserer Stelle heisst, dass nach Empfang der Nachricht Agri- cola sogleich sich fur Vespasian erklart habe , was so lange nicbt mdglich war, als die Vitellianer sich noch im unbestrittenen Be- sitze von ganz Italien befanden, in dem sie erst durch den nach dem 1. und 3. Juli erfolgenden Angriff des Antonius Primus gestort wurden. Dass Tacitus affectati statt sumpti oder eines ahmichen Verbums sagt, ist der Sachlage vollkommen entsprechend, da Ves- pasian nach der Annahme des Rufes zur Herrschaft noch weit davon entfernt war, sie bereits zu besitzen, sie vielmehr eben nur erst „angefa8st" hatte. . deprehensus: er wurde von der sich vprbreitenden Nachricht angetroifen — aber mit dem Ne- benbegriff der Ueberraschung und des starken Eindrucks, den die- selbe auf ihn machte. . /fit74*a principalus ac statum urbis. Das zweite Object, obgleich in dem ersten beveits enthalten, ist hinzugefftgt, um hervorzuheben, dass Mucianus in Rom selbst an- wesend war und dort der vor sei- ner Ankunft herrschenden Ver- wirrung und Zwietracht ein Ende machte, s. Hist. IV, 11: Tali re- rum statuj cum discordia inter pa- tres, ira apud victos^ nulla in vi- cforibus auctoritas, non leges, non princeps in civitate essent, Mucia- nus urbem ingressus cuncta simul in se traxit. Mucianus, mit vollstandigem Na- men M. Licinius Crassus Mucianus, war zur Zeit der Erhebung des Vespasian Statthalter von Syrien. Er hatte durch seinen Einfluss auf Vespasian wesentlich zu dieser Er- hebung beigetragen und war auch bei der weiteren Ausfiihrung be- sonders th&tig, socium magis tm- pertt, wie es Hisi. II, 83 heisst, quam ministrum agens. Er kam kurz nach Antonius Primus in Rom an und nahm dort sofort bis zu Vespasians Ankunft die Regierung an sich, s. Hist. IV, 11. 39. Zwar war Vespasians Sohn Domitianus, damals 18 Jahr alt, in Rom an- wesend und hatte als solcher die n&chsten Ansprtiche auf die Stell- vertretung seines Vaters ; er nahm indess ftir sich in Folge dieser gtinstigen Lagc nichts in Anspruch als die Freiheif zn thun, was ihm feltistete, d. h. seinen Launen und lUSten sich hinzugeben, s. Hist